Im Ergebnis der friedlichen Revolution 1989 und der nachfolgenden deut­schen Wiedervereinigung 1990 wurde die kommunale Selbstverwaltung in Sachsen neu etabliert und verfassungsrechtlich (Artikel 84) verankert.

Die neu gewonnene bürgerschaftliche Selbstverwaltung finanziell unter­stützt durch das Land, den beispiellosen Kraftakt des bundesdeutschen Solidarpaktes sowie durch die Europäische Union war das Unterpfand, dass in den vergangenen mehr als 30 Jahren die einst weitgehend ma­rode kommunale Infrastruktur durchgreifend erneuert und erweitert wer­den konnte, dass die Städte und Dörfer ein lebendiges und sich wirt­schaftlich aufstrebend entwickelndes Stück Heimat wurden. Ohne dies wäre es Sachsen nicht möglich gewesen, sich einen so anerkannten Platz unter den deutschen Bundesländern zu erarbeiten.

Daraus erwächst jedoch auch die Verpflichtung, das solidarisch Erschaf­fene zu bewahren und weiterzuentwickeln, anstatt es dem schrittweisen Verfall preiszugeben!

In § 89 Abs. 1 SächsGemO ist daher zu Recht die kommunale Verpflich­tung festgeschrieben, das kommunale Vermögen ungeschmälert zu er­halten. Durch die Erosion der kommunalen Finanzausstattung sind die Kommunen dazu jedoch immer weniger in der Lage. Von einem Gestal­ten der örtlichen Gemeinschaft bleibt mehr und mehr nur noch ein Ver- walten, selbst dies wird jedoch immer weniger möglich.
Das fatale Zusammenspiel einer fehlenden Konnexitätsklausel auf Bun­desebene mit dem rein statischen Mehrbelastungsausgleich auf Landes­ebene (Artikel 85 SächsVerf) zehren das finanzielle Fundament der Kom­munen durch immer neue Aufgabenübertragungen und -erweiterungen mehr und mehr auf. Hinzu kommen nahezu unerschöpfliche bürokrati­sche Standards und Verpflichtungen.

 

Die Kommunen sind aktuell nicht einmal mehr in der Lage, die Nettoab­schreibungen, d.h. die Abschreibungen nach Abzug des Fördermittelan­teils, zu erwirtschaften. Der Unterhaltungs- und Sanierungsbedarf des kommunalen Vermögens wird immer größer, was mehr und mehr vor Ort sieht- und spürbar wird. Kaschiert wird dies teilweise noch durch tenden­ziell ebenfalls sinkende Fördermittel. Doch dies untergräbt in wachsen­dem Maße die kommunale Selbstverwaltung, indem die „goldenen Zügel“ von Land und Bund bestimmen, welches kommunale Vermögen erhal­tenswert ist und welches nicht. Kommunale Selbstverwaltung – Fehlan­zeige! In der Folge sind immer weniger Bürgerinnen und Bürger bereit, sich angesichts der schwindenden örtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort aktiv einzubringen.

Die aktuelle sächsische Regierungskoalition aus CD􀀈,,_§ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD hat diese Fehlentwicklung in ihren Koalitionsverhand­lungen aufgegriffen und in ihrem Koalitionsvertrag u.a. festgeschrieben:
,,Die Stärkung unserer Kommunen ist ein zentrales Anliegen der Koalitions­parteien. So wollen wir die kommunale Selbstverwaltung stärken, indem wir Städte und Gemeinden eine stabile, planbare und deutlich bessere fi­nanzielle Grundausstattung geben.“ (Seite 129, Rn. 6259 ff.) Ziel war es dabei, den kommunalen Anteil am sächsischen Landeshaushalt auf 35 Prozent zu erhöhen.
Doch passiert ist das Gegenteil. Betrug der kommunale Anteil am Staats­haushalt im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2020 noch etwa 34 Prozent, so liegt er im aktuellen Haushaltsjahr nur noch knapp über 33 Prozent und soll im kommenden Jahr sogar darunter absinken. Bei einem jährli­chen Volumen des Landeshaushaltes von über 24 Mrd. Euro macht ein Prozentpunkt jährlich 240 Millionen Euro aus. Geld, welches den Kommu­nen entgegen der Zusage des Koalitionsvertrages vorenthalten wird, Jahr für Jahr.

 

So kann und darf es nicht weiter gehen!
Es kann und darf nicht sein, dass das in den vergangenen mehr als 30 Jahren Erwirtschaftete dem schrittweisen Verfall preisgegeben wird!
Es kann und darf nicht sein, dass die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung weiter finanziell ausgehöhlt wird!
Es kann und darf nicht sein, dass die Kommunen zur Aufgabenerfüllung in Kreditfinanzierungen oder gar in Kassenkredite gezwungen werdenund damit die Lasten den kommenden Generationen aufgebürdet wer­den!
So kann und darf es nicht weiter gehen!
Ohne leistungsfähige sächsische Kommunen, die finanziell in der Lage sind die örtliche Gemeinschaft mit ihren Bürgerinnen und Bürger eigen­verantwortlich gestalten zu können, wird es keine erfolgreiche Zukunft Sachsens geben!
Dieser Weckruf darf nicht ungehört verhallen!

 

 

Drucken