Der Lyriker Wulf Kirsten, aufgenommen in Weimar. Foto: Michael Reichel/dpa Zentralbild/dpa/Archivbild
Wulf Kirsten war ein deutschlandweit bekannter Schriftsteller, der am 14.12.2022 im Alter von 88 Jahren verstorben ist.
Er wurde im Jahr 1934 in Klipphausen als Sohn eines Steinmetzes geboren und hat seine Kindheit und Jugend in unserem Dorf (unweit des ehemaligen Schlosses) verbracht. Besonders prägend für seine Kindheit war das Ende des 2.Weltkrieges, das er in Klipphausen bewusst miterlebte. Diese Zeit hat er insbesondere in seinem Buch „Die Prinzessinnen im Krautgarten“ verarbeitet. Dort schreibt er u.a. in der Erzählung „Die Nacht im Rübenkeller“ folgendes: „…Vielleicht aber war es die momentane Begriffslosigkeit für das, was sich vor meinen Augen vollzog. Die Erlebnisse mengten sich und erzeugten nackte Angst….Das Tohuwabohu der letzten Kriegstage überstieg das Fassungsvermögen des Zehnjährigen.“ (S. 106)
Wulf Kirsten war lange Jahre als Lektor beim Aufbau-Verlag in Weimar tätig. Dort hat er auch bis zu seinem Tod gelebt.
In seine alte Heimat zog es ihn immer wieder – vornehmlich aufgrund seiner langjährigen Freunde bzw. als passionierten Wanderer. Seine erste Lesung in der „alten Heimat“ fand im Juni 1987 auf Schloss Scharfenberg statt. Wer damals dabei war, wird die Atmosphäre dieser Veranstaltung nicht vergessen – es lag eine gewisse Spannung in der Luft; nicht zuletzt wegen seiner kritischen Gedichte den Zustand unserer Landschaft betreffend. So las er u.a. auch das Gedicht „das haus im acker“ aus dem Jahr 1981, in welchem es um die „Ausräumung“ unserer Landschaft geht: „…keine lebende hecke, an der
sich ein auge vergafft, feldwege eingeackert,
flüsse verrohrt und begradigt, drainagen
gelegt, ganze täler zugeschüttet,
alleen geschleift, sträucher ausgerottet,
jeden baum ausgezogen. windschutz und
singvögel? unnützes zeug, romantik!
alles nur störenfriede. weg damit!“
Es blieb nicht bei dieser einen Lesung in Klipphausen und Umgebung – es sollten ihr noch einige folgen.
Anlässlich seines 70. Geburtstages hat ihn die Gemeinde Klipphausen 2004 zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Als er davon erfuhr, war er zunächst sehr überrascht und er wollte wissen, ob dies mit irgendwelchen Verpflichtungen seinerseits gegenüber der Gemeinde verbunden sei. Als wir das verneinten, hatte er seinen „Frieden“ mit der Würdigung gefunden und war immer interessiert an der weiteren Entwicklung seines Heimatdorfes.
Zu seinem 85. Geburtstag (2019) ehrte ihn sein Geburtsort mit dem 7 km langen „Wulf-Kirsten-Wanderweg“ mit gestalteten Gedichten. Dieser beginnt im Schlosspark Klipphausen mit vier davon. Am Gedicht Nr.4 steht die von seinen Eltern benutzte „Ackerwalze“, über die er folgendes Gedicht geschrieben hat – hier ein kurzer Auszug:
„Die Ackerwalze“
meiner eltern gedenkend
mein vater,perfekter steinmetz
und nebenher landmann, mit sinn
fürs praktische, sah in einer gestürzten grabsäule,
aus dem block gehauen
und poliert für die ewigkeit,
eine ackerwalze über das feld rollen,
erdklumpen zerdrücken, das saatbett bereiten…“
Nicht zu vergessen ist auch seine Liebe zum sächsischen Dialekt; so hat er an dem „Sächsischen Volkswörterbuch“, in dem man herrlich zur Bedeutung und Ursprung sächsischer Wörter schmökern kann, maßgeblich mitgearbeitet.
Über seinen Tod sind wir sehr traurig und wünschen seiner Familie viel Kraft in diesen schweren Stunden.
Im Namen der Gemeinde Klipphausen
Rosemarie Zschoche/Renate Leistner und Bürgermeister Mirko Knöfel